Firewatch - Special

Mystery-Thriller in den Wäldern Wyomings

Artikel Video Ulrich Wimmeroth

1989: Ein Jahr nach den verheerenden Waldbränden im Yellowstone Nationalpark, werden Freiwillige gesucht, um in den Wäldern der Vereinigten Staaten nach Brandstiftern, glühenden Feuerstellen von Campern und anderen Gefahren Ausschau zu halten. Das ist doch genau der richtige Job für Henry. Weg von zu Hause, wo seine Ehe langsam aber beständig den Bach runtergeht. Wo die Polizei ihn mehr als nur einmal, wegen der gefährlichen Kombination aus Alkohol und Autofahren festgenommen hat. Einfach eine ruhige Aufgabe, weit weg von dem Ort seiner persönlichen Probleme.

Und ruhig, scheint es erst einmal für Henry zu werden, nach dem er seinen Posten in einem Aussichtsturm mitten im Shoshone Nationalpark bezogen hat. Zwei Tagesmärsche liegt der nächste Rangerposten entfernt und der Kontakt zur Aussenwelt läuft ausschliesslich über sein Walkie-Talkie. Die Gespräche mit seiner Vorgesetzten Delilah sind so sein einziger Berührungspunkt, zu der weit entfernt scheinenden Zivilisation. Die freundliche, immer zu Scherzen aufgelegte, Delilah ist jederzeit sein Ansprechpartner. Hilft ihm, sich in dem fremden Terrain zurecht zu finden.

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Aber sein ersten Arbeitstag gestaltet sich nicht so entspannt, wie von Henry erhofft. Erst bekommt er es mit einer Bande feierfreundlicher Teenager zu tun, dann meint er menschliche Silhouetten in der Ferne zu entdecken, entdeckt eine seltsame Höhle, die mit einem Tor verschlossen wurde und schliesslich hat sich jemand (oder etwas) in seinem Aussenposten, an der Ausrüstung zu schaffen gemacht. Dann wird es wohl nichts damit, eine ruhige Kugel zu schieben und mit dem Leben ins Reine zu kommen. Aber glücklicherweise hat Henry ja noch Delilah, die immer auf seine Funksprüche reagiert und auf seine Fragen anscheinend auch immer die passende Antwort hat. Aber womöglich auch mehr weiss, als sie verraten will.

"Firewatch" ist ein Meisterwerk des Minimalismus. Ein Schauspiel, bei dem der Spieler die Rolle des einzigen Mitwirkenden übernimmt und kaum weiter weg von den klassischen Tugenden eines Spielehelden sein könnte. Henry, der nur aus der Ego-Perspektive agiert, bewegt sich bedächtig. Einzig sichtbar, sind seine Hände. Und die wirken wie die Wurstfinger eines Cartooncharakters, mit einem Ehering als einziges Schmuckstück. Es gibt hier keine Heldentaten, keine Supersoldaten-Skills oder ein ganzes Arsenal an Waffen. Ab und an können Gegenstände aufgenommen werden. Beispielsweise den Ghettoblaster einer Gruppe Jugendlicher. Den kann man ablegen. Oder in den See werfen. Oder einfach eine Weile mit sich tragen. Nichts ist vorgegeben. Jede Aktion bringt eine – meist unerwartete – Reaktion zu Tage.

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Als Vorbild für die gruselige Atmosphäre und das sich langsam entfaltende Mysterium, standen die amerikanischen Thriller der 1970er Jahre Pate, wie der Programmierer Will Armstrong in einem Interview verrät. Der Spieler wird, im wahrsten Sinne des Wortes, meist im Dunkeln belassen. Und beeinflusst die Geschichte durch seine Entscheidungen und die Wahl der Gesprächsoptionen und Antwortmöglichkeiten mit Delilah. Gut vier bis sechs Stunden soll das Abenteuer dauern. Mehr, wenn der Spieler in der offenen Umgebung nach neuen Wegen und Geheimnissen sucht. Aber kein Durchgang verläuft gleich. Und auch das Ende gestaltet sich unterschiedlich, je nach dem welchen Weg Henry wählt.

Entwickelt wurde "Firewatch" von dem Studio Campo Santo aus San Francisco. Eine frische Gründung, die sich auf der Homepage als klein und zusammengestückelt bezeichnen. Dahinter stecken aber eine ganze Reihe erfahrener Spielemacher, die vorher bei bekannten Studios wie beispielsweise Telltale Games unter Vertrag standen.

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