Anno 1800 - Hafenstadt - Special

Eichenpfähle für die Ewigkeit

Artikel Steffen Haubner

In den Sumpf gerammt

In der Realität musste dem 1,5 km langen Wunderwerk ein ganzer Stadtteil weichen. Das alte Hafenviertel wurde dem Erdboden gleichgemacht, 24'000 Menschen zwangsumgesiedelt. Als die Speicherstadt am 29. Oktober 1888 ihrer Bestimmung übergeben wird, ist Hamburg der zweitgrösste Hafen Europas, nur übertroffen von London. Kaffee, Tabak, Kakao, Baumwolle und Kautschuk aus Süd- und Mittelamerika waren für die hanseatischen Kaufleute jahrzehntelang fast abgabenfrei ins Land gekommen. Reichskanzler Bismarck hatte daher darauf gedrängt, dass sich Hamburg dem deutschen Zollgebiet anschliessen solle. Der Kompromiss: Die Norddeutschen beugen sich, dürfen aber eine autonome Freihandelszone behalten.

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Auch im Spiel öffnet sich mit dem neuen Bauwerk eine riesige Palette an Gütern, die nicht oder nur schwer in eigenen Produktionsketten hergestellt werden können, etwa Rum oder Bananen. Die eigene Speicherstadt darf man direkt vor der Küste ins Wasser setzen. Sonst hätten einige Spieler, die teilweise hunderte Stunden in ihr Werk versenkt haben, unweigerlich Platzprobleme bekommen. Von der historischen Wahrheit ist das gar nicht so weit entfernt. Der Hafenrand war ein derartiger Sumpf, dass die Bauherren 3,5 Millionen zwölf Meter lange Eichenpfähle in den Boden rammen lassen mussten, um dem Ensemble ein Fundament für die Ewigkeit zu geben. Dass man im Spiel modulare Bau-Elemente aneinanderreiht, deckt sich ebenfalls mit dem Vorbild. Ein Stahlskelett aus Eisenträgern, zusammengesetzt aus Fertigbauteilen, war zur damaligen Zeit revolutionär und erlaubte ein rasches Voranschreiten des Baus.

Die Spielbarkeit entscheidet

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Bei allem Realismus müssen die historischen Referenzen sich stets dem grossen Ganzen des Spiels unterordnen. "Die Lesbarkeit ist ein entscheidender Faktor, das heisst, der Spieler muss das Gebäude klar erkennen können", so der künstlerische Leiter. "Am Ende müssen wir aber schauen, wie die Spielregeln sind und welche Funktion das jeweilige Gebäude darin hat. Dem muss sich unsere künstlerische Freiheit unterordnen." Das Ergebnis stellt einen Kompromiss aus Ästhetik und Spielbarkeit dar, für den sich einzelne Entwicklerteams immer wieder abstimmen müssen. Je grösser das Element, das gerade in Arbeit ist, desto langwieriger natürlich der gesamte Entstehungsprozess. Im Fall der Speicherstadt waren damit rund 50 Mitarbeiter von Oktober vergangenen Jahres bis Ende Februar beschäftigt.

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