Daymare: 1998 - Test / Review

Geschichten aus der Gruft

Test Video Joel Kogler getestet auf Xbox One

Die Indie-Entwickler hinter "Daymare: 1998" hatten ursprünglich grosse Pläne. Mit "Resident Evil 2 Reborn" war bereits 2015 ein Remake des Survival-Horror-Klassikers in Arbeit - als reines Fanprojekt. Als das Spiel jedoch grösser wurde und sich vom Hobby zu einem kommerziellen Produkt entwickelte, wurde daraus kurzerhand "Daymare: 1998", das zwar noch immer einen Grossteil seiner DNS mit Capcoms Serie teilt, aber eine eigene Story und Charaktere bietet. Wie nah der Indie-Titel an sein Vorbild herankommt, haben wir uns für euch angeschaut.

Es war einmal im Herzen Amerikas

Wir schreiben das Jahr 1998. Als Mitglied des Sonderkommandos H.A.D.E.S. werdet ihr in der Rolle von Agent Liev in ein geheimes Labor geschickt, um dort eine Probe eines geheimen Stoffes zu entwenden und jegliche Beweise für die dort betriebene Forschung zu vernichten. Als ihr dort ankommt, ist die erforschte Biowaffe aber natürlich bereits freigelassen worden, und die ehemaligen Mitarbeiter schlurfen jetzt als hirnlose Untote durch die Gänge. Von da an eskaliert die Geschichte immer weiter, bis schliesslich auch die naheliegende Kleinstadt vom Virus infiziert wird und ihr die Geschichte nicht nur aus der Sicht von Agent Liev, sondern auch von anderen Überlebenden spielen dürft. Das Setting ist, wenngleich nicht sonderlich originell, durchaus spannend, und durch die verschiedenen spielbaren Charaktere fühlt sich jedes Kapitel deutlich anders an. Während das Labor nur so von Untoten wimmelt und sich durch verwinkelte Gänge und düstere Korridore sehr klaustrophobisch anfühlt, geht es bereits im zweiten Kapitel auf offene Strassen, wo sich das Chaos langsam über einen amerikanischen Vorort ausbreitet.

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Erzählt wird die Geschichte unter andrem durch Zwischensequenzen, die durch sehr altbackene Animationen und schlecht übersetzte (englische) Dialoge allerdings nicht viel hermachen. Deutlich öfter werden jedoch essenzielle Informationen zu den Geschehnissen des Spiels durch Textdokumente vermittelt. Diese sind nicht nur ausufernd lang, sondern leiden ebenfalls unter der halbherzigen Lokalisierung. Ausserdem haben sich die Entwickler entschieden, dass viele der Texteinträge nicht direkt im Spiel lesbar sind, sondern lediglich aus einer Website und einem Code bestehen. Um die Hintergrundinformationen zur Geschichte des Spiels zu bekommen, müsst ihr dann diese Seite besuchen und dort den entsprechenden Code eingeben. Insgesamt schafft es die Handlung daher kaum, an Fahrt aufzunehmen, obwohl "Daymare: 1998" stellenweise durchaus atmosphärisch ist und mit gut 20 Spielstunden auch einiges an Umfang bietet.

Jede Kugel zählt

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Nicht nur die Geschichte liess sich deutlich von der "Resident Evil"-Reihe inspirieren, denn auch das Gameplay bleibt recht nahe am grossen Vorbild. "Daymare: 1998" setzt aber im Gegensatz zu aktuellen Titeln wie "Resident Evil 2" und "Resident Evil 3" vermehrt auf Realismus. Das betrifft hauptsächlich die Handhabung der Waffen und den Einsatz von Heilung. Erstere ist eines der grossen Features des Spiels. Anstatt eure Waffe einfach mit gefundenen Patronen zu füttern, besitzt ihr hier einzelne Magazine, die individuell über das Inventar nachgeladen werden müssen. Dabei habt ihr zwei Möglichkeiten: Entweder ihr ladet schnell nach, wobei eure Spielfigur das aktuelle Magazin herausreisst und wegschmeisst, oder ihr ladet langsam nach, wobei ihr das alte Magazin zurück ins Inventar legt. Weggeworfene Magazine müsst ihr vor erneutem Einsatz erst vom Boden aufheben. Was zunächst nach einer interessanten Idee klingt, entpuppt sich nach kürzester Spielzeit als unnötiges Hindernis. Es gibt keinen Grund, das Magazin jemals wegzuschmeissen, da euch dies in zukünftigen Schiessereien extrem limitiert - ihr ladet sonst nämlich auch im Kampf immer langsam nach. Das Nachfüllen leerer Magazine im Inventar hingegen ist so langsam, dass es im Gefecht niemals eine Option darstellt. Das bedeutet, ihr besiegt alle Gegner und müsst dann mühsam über mehrere Menüs eure Magazine erst mal wieder nachladen. Spannend sieht leider anders aus. Da hilft es nicht einmal, dass es verschiedene Munitionstypen zu finden gibt, denn im Feuergefecht unterscheiden diese sich nicht merklich. Weitaus interessanter wäre da das Heilsystem, denn im Gegensatz zu anderen Survival-Horror-Titeln könnt ihr euch hier nicht einfach per Knopfdruck heilen. Stattdessen ist es möglich, über bestimmte Gegenstände eure Gesundheitsregeneration zu aktivieren - das braucht allerdings Zeit. Zusätzlich könnt ihr diverse andere Medikamente finden und sogar miteinander kombinieren, um verschiedene Boni zu erhalten. Doch Vorsicht: Verwendet ihr die Stimulanzien zu grosszügig, vergiftet ihr euch und nehmt langsam Schaden an eurer Gesundheit. Auch dieses System ist allerdings nur suboptimal ins Spiel integriert, denn ihr findet Heilung nur so selten, dass ihr nie wirklich in Versuchung einer Überdosis kommt.

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