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Drei Regeln für gute Games Lokalisierung

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Die Sache mit der Synchronisierung

Professionelle Synchronisation der Stimmen von Spielcharakteren ist ein nicht unerheblicher Kostenfaktor bei der Game-Lokalisierung. Eine deutsche Synchronisation eines ursprünglich japanischen Spiels ist natürlich schön, wenn... sie gut gemacht ist. Aber jeder, der ein Game lokalisiert, sollte sich bewusst sein, dass eine gute Synchronisation sehr viel Sensibilität erfordert.

  • Teils heftige Kritik erntete beispielsweise die lokalisierte deutsche Version des Games "Baldurs Gate 1". Charaktere im Fantasy-Game sprachen hier mit Dialekt wie "Bayerisch" oder "Sächsisch". Das ist mit Sicherheit ein Grenzfall. Einige werden das für lustig halten. Viele Diskutanten in Games-Foren empfanden die Synchronisation dagegen als lächerlich und unpassend für ein Fantasygame.

Die Stimme eines Charakters ist auch im Film eine wichtige Komponente. Wenn Jack Sparrow im deutsch synchronisierten Teil 4 des "Fluchs der Karibik" plötzlich eine andere Stimme bekommt, irritiert das viele Fans. Bei bekannten Games, von denen bereits mehrere Teile auf dem Markt sind, ist das genauso. Eine neue Synchronstimme für einen altbekannten Charakter muss dem Erfolg eines Games nicht schaden, aber sie birgt ohne Zweifel ein Risiko. Bisweilen verzichten Entwickler bei der Lokalisierung daher auch komplett auf die Synchronisation und nutzen Untertitel wie im Spiel "Metal Gear Solid", weil sich die englische Originalstimme bei Gamern in aller Welt eingeprägt hat. 

Regel: Die Synchronstimme eines Charakters sollte zum Charakter und zur Atmosphäre passen, die das Game aufbauen möchte. Bereits etablierte Game-Charaktere mit neuer Synchronstimme wecken nicht selten Missfallen.

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Die Möglichkeit der Identifikation**

"Pro Evolution Soccer", kurz "PES", ist eine Fussball-Simulation. In der europäischen Version ist die UEFA Champions League prominent auf dem Cover vertreten. Das berichtet Wolfgang Ebert von der deutschen Abteilung des japanischen Spielentwicklers Konami in der Sendung "neues" auf 3Sat. In den USA ist die Champions League weniger bekannt. Hier griffen die Entwickler auf die in den USA viel bekanntere südamerikanische Variante der Champions League Copa Libertadores zurück. Solche Veränderungen sind notwendig, damit sich Gamer mit dem jeweiligen Spiel identifizieren. Sie betreffen bisweilen durchaus auch Spielcharaktere:

  • In der japanischen Version des Spiels "Grepolis" erhielten die griechischen Götter durchweg ein jüngeres Aussehen. Viele Japaner können sich mit jüngeren, fast kindlich aussehenden Charakteren besser identifizieren.
  • Der umgekehrte Fall: In der japanischen Variante des Konsolenspiels "Star Ocean 4" spielen Charaktere mit für japanische Anime typischen kindlich wirkenden Gesichtern die Hauptrolle. In der Version für den US-Markt erhielten die Charaktere ein deutlich erwachsener wirkendes Gesicht. 

Das letztgenannte Beispiel zeigt auch, dass es aus Sicht mancher Gamer bisweilen ein Zuviel an Lokalisierung gibt. Japanische Mangas und Anime haben mittlerweile auch in Europa eine grosse Fangemeinde. Möglicherweise ist eine kulturelle Anpassung der kindlich anmutenden japanischen Charaktere also gar nicht nötig, um den Erfolg eines japanischen Games in Europa oder den USA zu sichern. Nochmals ist Sensibilität bei den Entscheidungen im Rahmen einer Lokalisierung gefragt. Welche Veränderungen im Game müssen, sollten und dürfen nicht sein? Keine einfache Frage. Halten wir fest:

Regel: Gamer sollten sich mit dem Spiel und den Charakteren des Spiels identifizieren können. Dazu sind bisweilen (nicht immer!) Anpassungen nötig.

Über den Autor: Christian Arno ist der Gründer und Geschäftsführer des internationalen Übersetzungsbüros Lingo24, das auch auf Website-Lokalisierung spezialisiert ist.

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