Erica - Test / Review

Okkult-interaktiver Thriller

Test Video Beat Küttel getestet auf PlayStation 4

Fazit: Gelungenes Experiment mit Einschränkungen

Der als interaktiver Thriller vermarktete Titel erreicht unserer Meinung nach sein Ziel. Man möchte wissen, wie es weitergeht, und zögert bei Entscheidungen, weil man immer wieder das Gefühl hat, die Geschichte womöglich in eine andere, entscheidende Bahn zu lenken, wozu auch Location-Wechsel sowie dramatisch inszenierte Szenen viel beitragen. Natürlich ist "Erica" damit kein Spiel für jedermann. Man muss sich bewusst sein, dass man sich auf ein Experiment mit viel Story und sehr wenig Interaktivität oder Gameplay einlässt - also eigentlich ein Choose-your-own-Adventure-Titel, nur eben nicht wie sonst typisch in Buchform, sondern als interaktiver Film. Ganz wichtig sind dabei natürlich die Schauspieler, die die Charaktere verkörpern. Glücklicherweise wurden hier durchaus Talente gecastet, die ihre Sache gut machen. Allerdings kann auch ein guter Darsteller eine schlecht geschriebene Figur nicht wettmachen. Zwar gibt es davon nicht wirklich welche, doch gerade die psychisch beeinträchtigten Bewohner des angesprochenen Delphi House sind oft recht klischeehaft gezeichnet, was ein wenig negativ ins Gewicht fällt. Andererseits hat das Setting mit geistig teils labilen Figuren den Vorteil, dass wir nie genau wussten, woran wir bei den einzelnen Charakteren nun waren, wer allenfalls die Wahrheit sagte oder auf wen man sich im Ernstfall verlassen konnte und auf wen nicht.

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Die Steuerung gestaltet sich dabei auch erwartet einfach. Ihr habt die Wahl, ob ihr via Touchpad des PS4-Controllers oder aber via Smartphone (PlayLink-Integration und einer kostenlosen Companion-App sei Dank) die Kontrolle übernehmen wollt. Uns hat dabei die letztgenannte Steuerungsvariante einen Tick besser zugesagt. Das kann aber auch einfach daran liegen, dass man im Umgang mit dem Smartphone versierter ist, während das DualShock-Touchpad eher selten sinnvoll zum Einsatz kommt. Beides funktioniert allerdings anstandslos. Ob Dialog-Optionen wählen, mit Gegenständen interagieren oder sich umsehen, es bleibt auch dank unaufdringlicher On-Screen-Markierungen eigentlich immer klar, was zu tun ist.

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Doch ist "Erica" denn nun euer Geld und eure Zeit wert? Der Titel hat uns durchaus gut gefallen und durch die oft düstere Thematik sowie mit einigen ziemlich blutigen Momenten überrascht. Mit seinen knapp zwei Stunden pro benötigten Durchlauf hat der Titel tatsächlich in etwa Filmlänge. Zwar wird man durch das doch ziemlich an den Haaren herbeigezogene Drehbuch und die durch die zahlreichen Verästelungen gezwungenermassen etwas unfokussierte Story immer mal wieder daran erinnert, dass man es hier eben doch "nur" mit einem Spiel-Film-Experiment zu tun hat. Wer aber auf der Suche nach einem düsteren, moderat interaktiven Abenteuer ist, sollte hier mal genauer hinschauen, denn sowohl stilistisch als auch vom Setting her wird durchaus hohe Qualität geboten. Allgemein wird optisch ein Ausrufezeichen gesetzt, und man merkt, dass wir von den technischen und künstlerischen Möglichkeiten her nicht in den 1990ern stecken geblieben sind. Letzten Endes ist "Erica" deutlich mehr als nur die Summe seiner unscheinbaren Einzelteile - zwar keine Offenbarung, aber doch ein Titel, den sich alle Genrefans oder Zocker, die an Titeln wie "Heavy Rain" oder auch den Telltale-Adventures Gefallen gefunden hatten, durchaus mal näher ansehen sollten. Wir hatten nach dem ersten Durchspielen jedenfalls weniger als ein Fünftel der meist mit der Story verknüpften Trophäen freigeschaltet. Es gibt also noch einiges zu sehen, und die arme Erica muss ihr ganzes Trauma leider noch mehrmals durchleben.

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