Halo: Reach

Mission accomplished?

Test Guest getestet auf Xbox 360

Halo: Reach“ ist eines der ambitioniertesten und wahrscheinlich am meisterwarteten Spiele im Jahre 2010. Bisher sind viele solcher „Hype“-Titel an ihrer eigenen Ambitioniertheit gescheitert, weil die Erwartungshaltung der Fachpresse und Spielerschaft dem zu einem Mythos werdenden Spiel gegenüber einfach ins Unrealistische driftete. Eigentlich ist auch der neuste Teil von Bungies SciFi-Epos ein solcher Kandidat. Doch vielleicht besteht es diese Herausforderung auch. Erfahrt es in diesem Test.

Die „Halo“-Serie ist eine dieser Serien, an die man sich noch in vielen Jahren als absolute Klassiker erinnern wird, so wie es heute „Ninja Gaiden“ oder „Metroid“ ist. „Halo: Combat Evolved“ hat Ego-Shooter auf Konsolen salonfähig gemacht und bewiesen, dass es wirklich auch mit dem Gamepad funktioniert. Die Erfolgsgeschichte „Halo“ war geboren.
Heute, 8 Jahre später, kommt Bungies letzter „Halo“-Teil in die Läden. Noch so frisch wie damals?

Noble Angelegenheiten

Wir schreiben das Jahr 2552, nur wenige Wochen vor den Geschehnissen aus „Halo: Combat Evolved“. Die Menschen der United Nations Space Command sind seit Langem im Krieg gegen ein Kollektiv aus verschiedensten Alienrassen, die als Covenant bekannt sind. Beinahe alle interstellaren Kolonien sind mittlerweile gefallen. Reach, eine erdartige Kolonie dient als Hauptstützpunkt der Armee, ausserdem werden dort die berüchtigten Supersoldaten, die Spartans ausgebildet und zurechtgemacht.
Ihr seid einer dieser Spartans, genauer Noble 6, dem also sechsten Teammitglied des Einsatzkommandos Noble. Eure Mission: Zu erkunden warum eine Relay-Station offline gegangen ist. Vermutet werden normale menschliche Rebellen, stattdessen findet man natürlich die Covenant vor, die auf Reach gelandet sind…

Schon seid ihr also in mitten in einem interstellaren, epischen Konflikt. Der Punkt: Der Kampf ist ausweglos. Denn das Ende ist dem geneigten „Halo“-Fan ja bereits bekannt. Das Spiel startet also in der Nähe dieser Relay-Station und offenbart hier gleich Stärken wie Schwächen.
Die Atmosphäre ist beklemmend, man wagt es kaum zu atmen, und sobald man eine Leiche erblickt, läuft einem der kalte Schauer den Rücken herunter. Atemlos schleicht man sich langsam über die Treppen um eine weinende Frau ungarischer Herkunft vorzufinden, die euch über die Geschehnisse aufklärt. Cineastischer geht es gerade in solchen Situationen kaum, denn Kino bedeutet ja nicht nur Explosionen und Schiessereien. Stille ist in guten Filmen ein machtvolles Stilmittel.
In solch einer typisch epischen Videospielerfahrung gehören bekanntlich markante Charaktere. Aber wie wir alle wissen, waren Bungie schon immer mehr die Entwickler mit dem Blick für das Gesamtbild. So blieben die meisten Charaktere, ausser natürlich dem ehrwürdigen Master Chief, immer etwas im Hintergrund. So auch hier. Dem neuen Hauptcharakter Noble 6 fehlt es irgendwie an Profil und Bungie schafft es nicht, den Charakter emotional an den Spieler zu binden und auch der Rest der Einsatztruppe erinnert an eine Zusammenstellung klischeehafter Charakterstereotypen. Hier wäre definitiv mehr drin gewesen.
Doch gerade wirkliche „Halo“-Fans haben schon längst eine ganze eigene Bindung zum Planeten Reach und zum gesamten „Halo“-Universum, sodass gerade diese keinerlei Probleme mit der „Identitätslosigkeit“ der Charaktere haben dürften. Diese Normalität der Truppe kann dann sogar als positiv angesehen werden, denn als absolut durchschnittliches Team einer solch ausweglosen Situation ausgeliefert zu sein, hat schon seinen Reiz. Mitunter kann das sogar berühren, gerade dann wenn man wieder einmal auf einer Ebene steht und in die Weite blickt und sieht, wie der Planet langsam im Krieg untergeht. Das gibt Gänsehaut, das berührt mitunter sogar.

Alt oder neu?

Der erste Teil der „Halo“-Serie, der den original Beinamen „Combat Evolved“ trug, tat damals genau das, was der Titel versprach. Er führte neue Elemente ins Ego-Shooter-Genre ein, wie zum Beispiel die Möglichkeit mit zwei Waffen zu kämpfen. Die Nutzung von Schilden und Medipacks war damals auch absolut neuartig. Zusammen mit dem Setting, der K.I. und den speziellen, „Halo“-typischen Waffen ergab das eben diesen „evolvierten Kampf“. „Halo“ hat es seit jeher geschafft einen ganz eigenen Kampfstil zu kreieren, nämlich dieser höchst improvisatorische Stil. Viele Spiele spielen sich nach einem gewissen Schema wie zum Beispiel: „Deckung, schiessen, vorarbeiten. Deckung, schiessen, vorarbeiten“. Damit hatte „Halo“ gebrochen, denn die Schlachten wurden plötzlich atemlos. Man hatte kaum Zeit zu überlegen, kaum Zeit zu verschnaufen. Man musste es einfach irgendwie schaffen. Die Betonung liegt dabei ganz klar auf dem Wort „irgendwie“, denn ohne gewisse improvisatorische Fähigkeiten fand man sein Ziel nie. Die kurzzeitige Deckung war eigentlich nur ein umfunktionierter Warthog, die Waffe, die man gerade aufgenommen hat nicht die eigene, die Laufwege die man machte eigentlich absolut suizidal. Und trotzdem hat man es immer geschafft. Genau das ist es, was die Kämpfe in „Halo“ immer so befriedigend gemacht hatte. Und auch heute funktioniert das noch perfekt. Natürlich, man könnte behaupten, Bungie habe ein Spiel mit veralteten Spielmechanismen auf den Markt gebracht, denn Dinge wie die Fähgikeit über die Kimme zu zielen, die auf dem NextGen-Shooter-Martk mittlerweile Standard sind, gibt es bei „Reach“ nicht.
Und das ist nicht der einzige Weg, bei dem Bungie seine eigenen Wege geht. Auch der Rest des Spieles fühlt sich durch und durch nach „Halo“ und eben nicht nach modernem Shooter an. Das ist für „Halo“-Fans, Zocker der „neuen alten“ Schule und Interessierte kein Problem, sogar toll. Aber gerade Spieler der „Call of Duty“-Generation, die mit der Franchise nicht gross etwas anfangen können und sonst nur sporadisch moderne Shooter spielen, könnten mit der Mechanik Startschwierigkeiten haben.

Optisch ist „Reach“ trotz neuer Grafik-Engine nicht hundertprozentig frisch. Die schon zu Beginn erwähnten, weiten Ausblicke über die verheerte Landschaft atemberaubend und die Explosionen krachen wie noch nie, dennoch sind hier und da einige Matsch-Texturen zu sehen. Das an sich wäre ja keine Sache. Aber es fehlt „Reach“ immer wieder an Detailverliebtheit: Viele kleine, liebevolle Details wie ein Wahlplakat, ein Foto am Boden, Graffitis, Bücher, Audioaufzeichnungen fehlen - obwohl das Szenario für solche Dinge wirklich perfekt gewesen wäre. Ansonsten ist die Grafik ordentlich und sauber gehalten, ohne grosse Ecken und Kanten, die einem ins Aug stechen würden.

Ohrenschmaus

Dafür hat „Reach“ soundtechnisch einiges mehr zu bieten! In Schlachten pfeifen euch Kugeln und Plasma nur so um die Ohren, dort gibt es Explosionen, dort Geschrei. Man weiss gar nicht wohin man hören soll, ausser der epische Soundtrack wird angeworfen. Dieser untermalt das Geschehen perfekt und reiht sich in die exzellenten Spielesoundtracks der „Halo“-Reihe ein. Dazu kommen ordentliche Sprecher, die den Figuren die nötigen Emotionen vermitteln.

Multiplayerspektakel

Einer der ganz grossen Pluspunkte für „Halo: Reach“ ist der extensive Multiplayermodus. Schon das Design der Menüs im Singleplayer-Teil schreit förmlich nach mehr Spieler, denn alles erinnert an eine Online-Lobby. Freunde von Deathmatches und anderen sehr zahlreichen Modi werden sich freuen, denn darin kann man viele, viele spassige Stunden verbringen. Es gibt kompetitive Modi wie das erwähnte Deathmatch oder ein typisches Capture the Flag aber auch Koop-Spiele wie diverse Varianten des Firefight-Modus, in dem man sich gegen zahlreiche Alien-Wellen im Team beweisen muss.
Nachdem der Singleplayermodus nach bereits etwa sechs Stunden um ist, bleibt dem Fan aber noch genug Multiplayer-Content, dass er sich noch Stunde um Stunde damit vergnügen kann. „Reach“ reiht sich somit sicherlich in die Reihe der Multiplayerkönige ein. Bleibt zu erwarten, was Treyarch aus „Call of Duty: Black Ops“ macht. Eins steht fest: „Reach“ hat viele Boni.

Kommentare

Halo: Reach Artikel