Die GAMES.CH Kolumne #13-2017

Hellblade zeigt, dass Publisher einfach nicht genug wagen

Artikel Video Michael

Ein ehrenwerter Kampf

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Im Grunde ist „Hellblade“ ein eher mittelmässiges Action-Game aber eine fantastische interaktive Parabel auf den Kampf eines Menschen mit einer Psychose. Es ist eine lineare und nahezu einmalige Erfahrung, die keinen Mehrspielerpart oder irgendwelchen Schnickschnack mitschleppt. Das war ein mutiger Schritt, den die Entwickler von Ninja Theory unternommen haben. Denn finanziert haben sie dieses Wagnis – die Produktion soll etwas weniger als 10 Millionen Dollar gekostet haben – ganz alleine. Das Studio hätte dabei Pleite gehen können. Umso freudiger las ich, dass sich das Game bereits in den ersten drei Monaten 500.000 mal verkauft hat, 250.000 mal schon in der ersten Woche. Damit hat es seine Produktionskosten bereits einspielt. Und das während grosse Publisher ihre Games auf Gefälligkeit brüsten und behaupten, dass Spieler keine linearen Erfahrungen mehr möchten – schon gar keine solchen! Ein kleiner britischer Entwickler hat also gerade einer ganzen Branche ein Beispiel geliefert, dass es auch bei aufwändigeren Produktionen anders laufen kann.

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Selten hat sich ein derart hochwertiges und professionelles Game einem abstrakten Thema mit soviel Respekt und Sensibilität genähert. Ninja Theory versuchte einen gesellschaftlichen Malus aufzuarbeiten und verständlich zu machen, was eine psychische Störung bedeutet und wie sie sich – zumindest annähernd – anfühlen kann. Vor allem haben sie damit aber Erfolg – nicht nur kritischen, sondern auch finanziellen. Sie beweisen hier weithin sichtbar, dass Spieler diese Erfahrungen möchten, sie keinen finanziellen Selbstmord darstellen, sondern gewürdigt und offenkundig sehr gerne bezahlt werden. Dafür müssen wir Ninja Theory dankbar sein! Denn es gäbe noch unzählige weitere Themen und Problematiken, denen sich gerne auch weitere aufwändig produzierte Videospiele annehmen könnten. Doch aus Angst damit zu scheitern, schrecken Spielemacher bisher davor zurück. Nein, nicht die einzelnen Entwickler und Designer, sondern die Studios und Publisher.

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