Die GAMES.CH-Kolumne #08-2020: Künstliche Intelligenz in Games

Wie künstliche Intelligenz die Entwicklung von Videospielen verändert

Kolumne Video Michael

Sind Spiele zukünftig KI-Rätselboxen?

Einige Entwickler sind fest überzeugt, dass künstliche Intelligenz die Art, wie Videospiele funktionieren und auf Spieler reagieren, grundlegend verändern könnte. Bereits während der Entwicklung von "BioShock Infinite" sagte Ken Levine: "Das, was mit künstlicher Intelligenz entsteht, stellt für uns Videospielentwickler einen riesigen Werkzeugkasten bereit." Derzeit arbeitet der Designer mit seinem neuen Studio Ghost Story Games daher an einem Science-Fiction-Game, das keine vorgefertigte Geschichte bieten soll, sondern aus einer Art narrativer LEGO-Steine besteht, die sich vielfältig mischen und zusammensetzen lassen.

Dafür verantwortlich sein soll eben auch eine künstliche Intelligenz. Dazu soll sich das bislang namenlose Videospiel gleichzeitig auch mit dem Thema künstlicher Intelligenz und was es heisst, programmiert zu werden, beschäftigen. Derartiges, glauben Entwickler wie Levine und Cook, wird nur der Anfang sein. Künstliche Intelligenzen könnten endlose Quests und Welten generieren, sodass ein Videospiel niemals enden müsste. Sie könnten aus Fotos und 3D-Scans die eigene Wohnung im Game nachbilden - etwa als "P.T."-artiges Horror-Abenteuer. Oder sie könnten die Geschichte eines Videospiels schreiben, während der Spieler spielt, und zwar basierend auf und passend zu seinen Entscheidungen. Jeder würde dadurch seine ganz eigene und einzigartige Geschichte bekommen.

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Yves Jacquier von Ubisoft La Forge hält derartige Visionen nicht für unmöglich, aber etwas schwierig. "Die Hauptherausforderung besteht darin, die verschiedenen Elemente zu generieren und sie für eine glaubwürdige Erfahrung kohärent zu machen", sagt er. Beispielsweise müssten für einen Charakter Animationen erstellt werden, die für alle erdenklichen Reaktionen geeignet sind - ebenso wie Dialoge, Texte und Sprachausgabe. Wenn das Videospiel dann auch noch gut aussehen und den Spieler emotional erreichen soll, würde das unheimlich knifflig. "Wir können zum Beispiel zwar schon jetzt einzigartige Animationen in Echtzeit generieren", sagt Jacquier. Aber Stimmen in Echtzeit zu erzeugen, die Gefühle und Stimmungslagen herüberbringen, sei wohl auf absehbare Zeit nicht machbar.

Mike Cook glaubt dagegen daran, dass "künstliche Intelligenz die Videospiele fundamental verändern wird" und einige der durchaus ambitionierten "Vorstellungen nachvollziehbar [sind] und passieren können." Allerdings ist er auch überzeugt, dass sich nicht klar vorhersagen lässt, welchen Einfluss die künstliche Intelligenz tatsächlich haben wird. Oder wann und in welcher Weise genau. Wie Jacquier glaubt er derzeit nicht daran, dass denkende Maschinen irgendwann selbstständig einzigartige Erfahrungen für Menschen generieren. Denn sie könnten nur wiederholen und variieren, was sie zuvor gelernt haben. Kreativ sein wie ein Mensch, das könnten sie nicht. Ausserdem wolle er auch nicht, dass eine "künstliche Intelligenz jemanden wie Ken Levine ersetzt".

Das ist nicht ganz ohne Ironie, denn ausgerechnet Mike Cook hat eine künstliche Intelligenz entwickelt, die selbst Spiele entwickelt.

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