Die GAMES.CH Kolumne #06-2018

Was uns die Avatare in Ready Player One verraten

Kolumne Video Michael

Ich sehe dich!

Was mich beim Schauen von „Ready Player One“ so bewegte, war also zu sehen, dass die Games und Filme, die mich vor vielen Jahren oder auch aktuell gerade so packen, auch in dieser – ja, klar, fiktiven – Zukunft das auch bei anderen noch schaffen; dass sie immer noch einen Zauber ausstrahlen und Menschen in ihren Bann ziehen. Denn die Master Chiefs, Lara Crofts und Duke Nukems in „Ready Player One“ sind digitale Avatare hinter denen jeweils auch ein menschlicher Spieler steht. Oder wie Wade im Film sagt: „In der OASIS kannst du alles sein.“ Und wer man in der „OASIS“ ist, welches Aussehen, welche Ausrüstung und welches Fahrzeuge jemand wählt, ist daher von Bedeutung. Denn natürlich wählen und gestalten wir unsere Avatare niemals vollkommen wahllos – selbst, wenn wir das versuchen würden. Immer fliesst in die Gestaltung unser eigenes Ich ein: Unsere Erfahrungen, Vorlieben, Abneigungen und vieles mehr. Wir präsentieren uns. Vielleicht um einen Teil unseres Ichs gut sichtbar zu machen, eine Stärke hervorzuheben, um Schwächen zu kaschieren oder auch um das abzubilden, was wir gerne sein würden. In der OASIS bedienen sich die Spieler der Elemente der Pop- und Videospiel-Kultur, um wie bei einem Mosaik ein lesbares Abbild ihrer Selbst zu schaffen.

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All diese optischen Fragmente – seien es Waffen, Körper oder Fahrzeuge – haben nämlich eine Aussage. Sie lassen sich interpretieren. Entsprechend kann man in der Virtual-Reality-Welt durchaus Mutmassungen über den Menschen hinter dem Avatar anstellen. Einfach basierend darauf, wie er diesen gewählt und ausgestaltet und ausgerüstet hat. Stellt euch einfach vor: Ihr habt Lara Croft mit einem Laserschwert an der Seite der Karre von „Max Max“ vor euch stehen. Und daneben den Joker mit einem „Warhammer 40k“-Bolter und dem Eiswagen aus „Twisted Metal“. Mit wem würdet ihr eher in den Kampf ziehen wollen? Nun? Es ist egal, wen ihr hier wählt, euer Verstand generiert aber eine Präferenz – da diese digitalen Gegenstände und Figuren für Eigenschaften wie Spass, Frohmut, Zuverlässigkeit, Irrsinn, Kühnheit und Gewalt stehen. Zusammengenommen bilden sie eine optische Reflexion des Charakters und der Persönlichkeit der Person hinter den Polygonen. Zumindest auf die ein oder andere Weise. Das bedeutet wiederum, dass diese Pop- und Games-Kultur-Fragmente nicht nur an sich weiterhin bestehen. Sondern dass die Filme, Bücher und Games denen sie entspringen ebenso weiterhin gesehen, gelesen und gespielt werden. Nur so ist es auch möglich, deren Bedeutung zu erfahren und zu übertragen.

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