Shining Girls (Apple TV+) - Special

Apples Eigenproduktion

Artikel Video Steffen Haubner

Apples Eigenproduktion hat bislang nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Sehr zu Unrecht, denn der Mystery-Thriller, bei dem Elisabeth Moss auch Regie führte, ist eine der packendsten Serien der letzten Jahre und hat auch darüber hinaus einiges zu bieten.

Es gibt Kommentare, die sollte man sich als Rezensent besser verkneifen. Zum Beispiel, dass man möglichst wenig über einen Plot wissen sollte, damit ein Film oder eine Serie die bestmögliche Wirkung entfalten kann. Denn klar, damit macht man die eigene Profession ja irgendwie überflüssig. Im Fall von "Shining Girls" liegt einem dieser Hinweis auf der Zunge, trotzdem sollte man unbedingt darüber schreiben. Natürlich komplett spoilerfrei, versprochen! Denn irgendwie scheint das kürzlich gestartete Apple-Original ein bisschen unterzugehen. Woran liegt das? Ist das Angebot an guten Serien aktuell einfach zu hoch? Traut man Apple nach viel Mittelmass keine ausgezeichneten Eigenproduktionen mehr zu? Oder liegt es am Ende daran, dass im Cast auffallend viele weibliche Namen auftauchen? Regie führten nämlich neben der auch in der Hauptrolle brillierenden Elisabeth Moss ausschliesslich Frauen, unter den Autoren findet sich gerade mal ein Mann. Auch produziert wurde die Serie überwiegend von Frauen.

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Seit dem Überfall muss Kirby ihren Alltag immer wieder neu sortieren

Immer noch sehr selten: Ein Cast, der vorwiegend aus weiblichen Namen besteht

Auch die Romanvorlage stammt aus einer weiblichen Feder, nämlich aus jener der Südafrikanerin Lauren Beukes. Dazu zwei Anmerkungen: Die Serie hält sich recht nahe an die Vorlage, trotzdem lohnt sich die Lektüre, vor allem wegen des überragenden Schreibstils der Autorin. Man sollte aber wirklich keinen Klappentext und auch nicht die Beschreibung des Audible-Hörbuchs lesen, wenn man sich nicht hart spoilern lassen will. Mal ganz im Ernst: Machen die das eigentlich mit Absicht? Doch selbst solche No-Gos der Verlagsbranche werden nicht verhindern, dass die Autorin, deren insgesamt vier Romane (von einer Kurzgeschichte und einigen Storys abgesehen) allesamt auf Deutsch bei Rowohlt erschienen sind, wohl bald in die Topliga der schreibenden Thriller- und Sci-Fi-Zunft aufgenommen wird.

Kirby Mazrachi arbeitet bei der Chicago Sun-Times, während in der Stadt eine Serie grausamer Frauenmorde verübt wird. Auch Kirby wäre fast zum Opfer eines solchen Überfalls geworden, hat aber knapp überlebt. Elisabeth Moss spielt diese Rolle gewohnt überragend - allenfalls könnte man bemäkeln, dass das Muster schon sehr nah an "A Handmaid's Tale" und "Der Unsichtbare" ist: eine gepeinigte Frau, die irgendwann beginnt, selbst die Initiative zu ergreifen. In "Shining Girls" macht sie sich auf die Fährte des Killers (Jamie Bell mit einer wirklich unglaublich eindringlichen Performance, die ihn eigentlich in die Erste Liga Hollywoods katapultieren müsste) und findet dabei Unterstützung von ihrem Kollegen Dan Velasquez (ebenfalls herausragend: Wagner Mourna), einem alleinerziehenden Alkoholiker, der sich nach einer erzwungenen Auszeit gern wieder als Reporter beweisen würde. Zwei Aussenseiter, denen keiner so richtig zuhören mag, auf der Suche nach einem Serienkiller: Handlungsrahmen und Fallhöhe für die insgesamt acht Folgen sind damit abgesteckt.

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